Es war intensiv. Und es war anstrengend. Und es hat sich gelohnt. Wir haben uns die heißen Themen angeschaut. Und nach Lösungen gesucht. Und manche Entscheidungen getroffen. Und wir hatten, trotz allem, auch unseren Spaß dabei.
Ein ganz neues Leitungsteam: Steffi, Ena, Elmar. Sehr heterogen. Und sehr harmonisch zusammenarbeitend. In den ersten zweieinhalb Tagen hat uns Jascha Rohr begleitet. Er ist Experte in ‚Kokreations-Prozessen‘. Gleich am ersten Tag haben wir mit seiner Unterstützung tief in unsere Abgründe geschaut: Unser Wirtschaften ist nicht nachhaltig! Wir beuten uns selber aus. Wir sind fasziniert von der ‚schwarzen Null‘ und oft zufrieden damit, in jedem Jahr ein bisschen Gewinn zu machen. Die Kosten davon: Wir können in vielen Bereichen nicht mehr als den Mindestlohn bezahlen, haben deshalb große Schwierigkeiten, die offenen Stellen zu besetzen (vor allem, wenn es um höherqualifizierte Tätigkeiten geht), und wir haben eine Gebäudesubstanz, die 60 bis 100 Jahre alt ist und wo bei vielen Gebäuden erheblicher Sanierungsbedarf besteht. Für den wir keine Rücklagen gebildet haben.
Aber Kokreation heißt auch, es nicht bei der Benennung und Analyse der Misere zu belassen. Es wurde deutlich: Wir als Gemeinschaft haben große Potentiale. Gemeinschaft und Betrieb stehen nicht in einem Widerspruchsverhältnis zueinander (wie wir es in vergangenen Intensivzeiten oft gedacht haben) sondern in einem dynamischen Wechselverhältnis. Unser Bildungsbetrieb lebt von dem ‚Spirit of Community‘, davon dass wir leben, was wir lehren. Und so war das Schauen auf die Wirtschaftsdaten ein starker Anreiz dafür, als Gemeinschaft wieder mehr zusammenzukommen, die Vertrauensbasis zu stärken, den Eros zu beleben, in ‚Schmuddelecken‘ aufzuräumen. Und auch die Verluste an wichtigen Menschen zu betrauern, die in den letzten Jahren ausgezogen waren Das ist alles nicht fertig – aber ein kraftvoller Anfang ist gemacht.
Die Energie war hoch, und die Teilnehmerzahlen waren es auch. Es waren fast nie unter vierzig und oft über 60 Teilnehmer*innen, die an den insgesamt neun Tagen unserer zweiteiligen Intensivzeit täglich für sechs bis sieben Stunden zusammenkamen. Wir nutzten ein breites Repertoire an Methoden: von Aufstellungsarbeit über Forum zu soziokratischen Abstimmungsverfahren, und zwischendurch auch immer wieder mal Tanz, Performance, Gesang und Entspannungsphasen. Diese Vielfalt half zusammen mit guter, stringenter Leitung, dass das Energieniveau selten absackte und alle (meistens) mit Freude dabei waren.
Der Sonntag war dem Feiern gewidmet: Vor 33 Jahren, am 22. September, wurde die ZEGG GmbH als Besitzerin des Geländes im Grundbuch eingetragen. Und so feierten wir, wie in jedem Jahr, den ZEGG- Geburtstag. Ein Vormittag zur finanziellen Transparenz machte den Auftakt und gehörte eher noch in den Arbeitsteil der Intensivzeit. Am frühen Nachmittag erwartete uns dann eine große, lange Tafel mit Kaffee, Tee und Kuchen, ein ausführliches Dankes- und Würdigungsritual in unserem wunderschönen Garten, ein opulentes Buffett, für uns zubereitet von unserem syrischen Koch Ali und seinen Freunden und am Abend ein Tanzfest in der Aula – nur für uns. Gäste hatten wir dieses Mal keine eingeladen – wir brauchten es, nach den konfliktreichen Jahren in und nach der Coronakrise den Schwerpunkt ganz auf die Gemeinschaft und den von ihr geführten selbstverwalteten Betrieb zu setzen.
Drei Jahre Zeit haben wir uns gegeben für die Transformation hin zu einem gesunden und nachhaltigen Wirtschaften und ein ‚Transformations-Team‘ benannt, das diesen Prozess voranbringen und begleiten soll. Wir haben Schritte dafür definiert, und auch konkrete Maßnahmen. Es wird nicht einfach sein. Konflikte liegen auf der Wegstrecke – wie der, dass wir aller Voraussicht nach unsere Mieten erhöhen müssen und daran arbeiten, welche Umverteilungswege wir etablieren können, damit keiner dabei ‚auf der Strecke‘ bleibt.
Wir haben uns unser Einstiegsprozedere angeschaut und werden es vereinfachen, wenn Leute zu uns kommen wollen, die zu uns passen und deren berufliche Qualifikation wir gut gebrauchen können. Wir haben verschiedene Dinge beschlossen, die es unseren externen Mitarbeiter*innen – 23 gibt es bereits – erleichtern, auch jenseits der Arbeit an Aspekten unseres Gemeinschaftslebens teilzunehmen.
Doch bei all diesen oft nicht leichten Themen hat sich die Verbindung unter den Teilnehmenden gestärkt, egal ob Oldie oder Newcomer. Die Zuversicht ist gewachsen, dass wir es schaffen werden und der Eros als Kraft wurde immer wieder eingeladen und ist wieder deutlich stärker präsent im Kraftfeld unserer Gemeinschaft als es vorher der Fall war. Ein schön gestaltetes Ritual mit einem Commitment, sich in den kommenden Jahren für die Gemeinschaft zu engagieren (für diejenigen, für die das stimmig war, aber das waren fast alle Anwesenden) rundete diese Intensivzeit ab.
von Georg Lohmann
Zu den Themen der Intensivzeit gibt es auch einen Podcast:
Transformation im ZEGG - mit Barbara, Alicia und Ina