Liebeslied für die Demokratie 1

Die schärfste Waffe ist ein freundlicher und sanfter Geist.“ Anne Frank in ihrem Tagebuch

Im Frühjahr 2024, inmitten eines aufgeheizten politischen Klimas, wuchs bei mir das Bedürfnis, ein verbindendes musikalisches Zeichen zu setzen. Das „Liebeslied für die Demokratie“ möchte einen Moment des Innehaltens schaffen und Menschen ermutigen, sich über die Grenzen unterschiedlicher Meinungen hinweg für demokratische Werte einzusetzen. Es ist – auch mit den historischen Stimmen aus dem Holocaust im Lied - zugleich ein Beitrag zum 75-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes. Es wurde von Musikern und Sänger*innen aus dem Fläming und aus dem ZEGG im heimischen Ton- und Videostudio eingesungen und verfilmt.

Ich hatte beim Singen des Liedes das Gefühl, dass es ein Wagnis ist ein Liebeslied für die Demokratie zu singen. Meine MitsängerInnen fragten mich: "Warum ein Wagnis?" Ja, warum?

Ein Liebesbekenntnis zu machen für unser Gesellschaftssystem, das erschien mir, als würde ich dadurch eine große Angriffsfläche bieten. Sich in Liebe zu etwas zu bekennen bedeutet sich verletzlich zu machen. Es bedeutet auch, die Angst spüren zu müssen vor dem Verlust dessen was man liebt. Und das in der Politik? Es scheint mir nicht besonders geübt zu sein, sich in der Öffentlichkeit zu starken Empfindungen zu bekennen, sich nicht sachlich zu geben, sondern mit offenem Herzen.“ Julia, Theaterregisseurin, Feldenkrais -Therapeutin

Ich empfinde die zunehmende emotionale Polarisierung als die größte Gefahr für unsere Demokratie. Ich bin nicht nur irritiert von der großen Zustimmung für „Rechte“, sondern auch von dem Hass auf „Nazis“ (z.B. AfD-WählerInnen: Warum wählt ein 16jähriger die AfD? Bei der EU-Wahl waren es 15,9 Prozent ). Diese pauschale Ausgrenzung ist genau die Bestätigung des Opfergefühls vieler Anhänger. Wir fördern damit, was wir bekämpfen. Das Video wird vor den Wahlen in Ostdeutschland veröffentlicht. Wahrscheinlich wird die AfD dort die Wahlen gewinnen. Auch wenn das Lied keinen direkten Einfluss auf das Wahlverhalten der Menschen haben kann, wird es hoffentlich diejenigen Menschen stärken, die Demokratie mehr lieben als Hass und Polarisierung. Und dabei geht es um viel mehr als den „Kampf gegen rechts“. Die Polarisierung ist wie ein Gift, dass die Gesellschaft bis in die Beziehungen und unser Erleben hinein vergiftet. Dabei brauchen wir gerade jetzt die Kraft der Gemeinschaft, um all die inneren und äußeren Herausforderungen, die Krisen und Kriege zu bewältigen.

Ich habe eine Weile gebraucht, mich mit diesem Lied stimmig zu fühlen. Zunächst hat es mich sehr beschäftigt und aufgewühlt, denn die Zitate wecken Traurigkeit, Wut und Erschütterung in mir; und ich bin sehr frustriert - nahezu verzweifelt - über die politische Situation in Deutschland und vielen Regionen dieser Welt. Aber das Lied richtet sich ja nicht an die aktuellen Missstände, die offenbar auch innerhalb eines (vermeintlich) demokratischen Systems da sein können, sondern es ist ein Liebeslied für die utopische Demokratie! Ich höre und fühle insbesondere Menschlichkeit, Geschichts-Bewusstsein und Gebet - für ein friedlicheres und verträglicheres Miteinander! Danke!“ Sarah, Umweltwissenschaftlerin, Gartenbau- und Yogalehrerin

Also schrieb ich kein Kampflied, sondern ein Liebeslied, das aber kein Loblied auf die herrschende Politik ist. Es besingt eine Freiheitsutopie, die im Grundgesetz angelegt ist und immer weiter entwickelt werden muss, auch in unserem persönlichen Leben. Es muss möglich werden, eine klare andere Meinung zu äußern, ohne den anderen zu diffamieren. Das gilt für alle Seiten, auch gerade für uns, die wir meinen auf der „richtigen Seite“ zu stehen. Wenn wir die anderen als „Nazis“ bekämpfen, können wie sie nur noch als ”Plakat” wahrnehmen. Ich kann sie nicht mehr in mir spüren und fühle mich von ihnen getrennt. Sie sind das „Böse“ und ich das „Gute“. Diese polare Wahrnehmung erlaubt es uns zwar vorübergehend den Schmerz und die Überforderung zu mindern, indem wir die Tiefe und Komplexität des anderen Menschen ausblenden. Jedoch geht dabei auch die Verbindung verloren. Und es gibt dann keine andere Lösung mehr als den Kampf und die Beseitigung der anderen Seite. Aber das ist eine Illusion und keine Strategie. Nur wenn wir den ganzen Menschen hinter dem „Nazi“ („Klimaleugner, Querdenker, Rassist...“) sehen lernen, können wir ihn und uns vom „Nazi“ befreien. Erst wenn wir unsere Werte selbst verkörpern und im Dialog sowohl ein klares `Nein´ wie auch ein großes `Ja´ sprechen können, leben wir selbst Demokratie.

Am Marktplatz in Bad Belzig

Das ist eine Schlüsselstelle im Lied. Wir stehen uns im Video gegenüber sagen `Nein´ und `Ja´ zueinander und atmen gemeinsam aus. Denn die Demokratie umfasst alle Menschen, alle Menschen haben in ihr Menschenwürde und garantierte Rechte. Demokratie ist eine große Gemeinschaft der Verschiedenen. Darum geht es in diesem Lied und auch in meinem Leben.

Nein, wir müssen uns nicht alle lieben.

Wir müssen uns nur respektieren.

Und Dich Du Schöne, dich wollen wir lieben,

du Freiheitsutopie - Demokratie!

„Sey a Mensch!“

Das sind die Wort des Holocaust-Überlebenden Leon Reif

Hier noch der link zum Lied auf YOU Tube

Für Spenden zur Finanzierung des Projektes: https://www.betterplace.org/de/projects/137812-liebeslied-fuer-die-demokratie

Dieter Halbach wohnt in Bad Belzig, fühlt sich dem ZEGG verbunden und ist Musiker und Redakteur des „demokratie! Magazins“ www.mehr-demokratie.de

Liebeslied für die Demokratie 5

Dieter Halbach

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